Page 104 - Rudolf Giesselmann - Landerziehungsheim Walkemühle
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gelassen, doch dann war es aus, dann bekam hatte besuchen wollen, dann war er von de-
er keine Stelle. Das war 1934 als unser zweites nen überhaupt nicht empfangen worden -
Kind geboren wurde. Bis ‘36 saß er dann brotlos. Angst! Angst!” (Frau Reinbold, Kassel)
Ich arbeitete und kochte. Dann ging ich Zweite Geschichte
wieder zu den Schulräten, die ich persönlich
kannte. Die hatten inzwischen schon alle das Ein ehemaliger HJ-Führer sagte mir: “Was ich
Parteiabzeichen. Und zu der Zeit waren dann Ihnen sage, das kann heute jeder hören. In 1943
die Volksschullehrerstellen so wahnsinnig rar war die Walkemühle eine Gebietsführerschule
geworden, da gaben sie der HJ.
Da war ich als HJ- Führer
mal dort.
In der Schule herrschte
eine Pfundskamerad-
schaft, und alle waren
mordsmäßig begeistert.
Die Erziehung lief darauf
hinaus, dass alle zu or-
dentlichen Menschen
erzogen wurden. Dort
wurde alles ganz genau
so gemacht, wie es im
Buch “HJ im Dienst” (102)
aufgeführt ist. Daneben
gab es dann noch die
politische Schulung, die
wurde immer vom
Schulführer selbst aus-
Blick auf die Walkemühle vor ihrer Zerstörung 1945 geführt. Das andere Schieß- und Gelände-
übungen, führten andere, wie z.B. verwundete
meinem Mann eine Volksschullehrerstelle in Wehrmachtsoffiziere, durch.
Trendelburg - einer Hochburg der Nazis. Erst
musste er dazu aber in die Walkemühle, in die Walkemühle vor ihrer Zerstörung 1945
Gauführerschule
Kurhessen. Schulungsla-
ger für politische Unzu-
verlässige hieß das. Sie
wurden da parteipoli-
tisch geschult. Da wur-
den ihnen Sachen zu-
gemutet ! Sie mussten
Judenwohnungen aus-
räumen ! Sie wurden
Handlanger der Nazis bei
Diebstählen. Er kam
entsetzt, vernichtet und
zertreten wieder. Der Kurs
hatte neun Wochen
gedauert. Er war ge-
zwungen worden, in die
Partei zu gehen, er hatte
das Parteiabzeichen
annehmen müssen, das
war ihm in der Walke-
mühle aufgedrückt worden. Das Schlimmste Ein wesentlicher Teil der politischen Schulung
war aber gewesen, dass er, wenn er mal frei war der Rassenpolitik gewidmet; und wenn
gehabt hatte und seine Freunde in Melsungen man sich das auch heute überlegt, da sind
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