Page 58 - Rudolf Giesselmann - Landerziehungsheim Walkemühle
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die GFA. Roos hatte während des ersten
            Weltkrieges in England mit der Lieferung von
            Textilien an das Militär gute Geschäfte ge-
            macht und wollte nun etwas Sinnvolles mit
            seinem Geld anfangen. Als Philanthrop und
            Anhänger einer natur-  und vernunftgemäßen
            Erziehung unterstützte er dann Nelson.

            Neben diesen großen Finanzierungsleuten gab
            es noch sogenannte Patenstellen: Einzelne
            Mitglieder der GFA bezahlten durch einen
            monatlichen Beitrag von fünfzig Mark den
            Lebensunterhalt eines Schülers oder Helfers auf     “Sehr geehrter Herr Regierungsdirektor!

            der Walkemühle.”  (Willi Schaper)
                                                                Sie erinnern sich vielleicht, dass ich Sie vor ei-
                                                                nigen Monaten bat,  uns zu helfen gegen die
                                                                Belastung unserer Schule mit erdrückend hohen
            Ein anderer Helfer:
                                                                Steuern. Sie meinten zwar damals, dass ihre
            “Was der Seifenfabrikant Wolf zahlte, wusste        Unterstützung uns in diesem Falle nicht viel
            ich genau, denn in der Zeit nach 1930 führte ich    nützen könne. Nun hat sich aber doch gezeigt,
            zwei Jahre die Kasse in der Walkemühle, - der       wie wertvoll ihre freundliche Unterstützung
                                                                auch diesmal für unsere Schule war.
            bezahlte einen Monatsbeitrag von einem
            Tausendmarkschein.
                                                                Durch ihre freundliche Fürsprache wurde der
                                                                Grundsteuerausschuss Melsungen dazu ver-
            Jedes andere Mitglied der GFA zahlte einen
            Mindestbeitrag von sechzig Mark im Monat. So        anlasst, die Einschätzung unserer Gebäude
            Leute wie ich hätten da nie Mitglied werden         nachzuprüfen. Bisher hatte er eine Nachprü-
            können. Überlegen Sie einmal, der Wochen-           fung abgelehnt. Nun stellte sich heraus, dass
            lohn  für einen Facharbeiter war zu der Zeit        die Unterlagen für die bisherige Einschätzung
                                                                falsch waren. Diese Feststellung hatte zur Folge,
            Spitze dreißig Mark.
                                                                dass der Steuerwert auf ein Fünftel des bisher
            Viele Leute, die ganz schön Geld hatten,            angenommenen Steuerwertes herabgesetzt
                                                                wurde. Wir haben nunmehr statt M 100.- Haus-
            blieben auch in der Anonymität, wie zum
            Beispiel ein Optiker aus Kassel.” (Willi Warnke)    zinssteuer  monatlich nur M 20.-  zu  zahlen.

            Trotzdem reichte das Geld für manchmal              Wir erhoffen eine weitere Erleichterung von
            achtzig Personen auf der   Walkemühle kaum          einem noch laufenden Gesuch auf Befreiung
                                                                von der Haussteuer und Grundvermögens-
            aus, es musste überall gespart werden.
                                                                steuer. Zur Zeit müssen wir leider außer der
            Vom preußischen Ministerium für Wissenschaft,       Hauszinssteuer monatlich M 19,80 Grundver-
                                                                mögenssteuer an den Staat und M 59,40 Ge-
            Kunst und Volksbildung, vom Innen- und vom
            Finanzministerium war die Walkemühle zwar           meindezuschlag dazu an die Gemeinde  A-
            1926 als gemeinnützig anerkannt worden und          delshausen zahlen. Das sind monatlich immer
            erklärt worden, dass die  Grund-   und Haus-        noch M 100,--. Wir hoffen sehr, dass auch diese
            steuererträge gestundet und niedergeschla-          Last noch erleichtert wird. Das wird der Fall sein,
                                                                sobald der Grundsteuerausschuss Melsungen
            gen werden könnten, doch die unteren Steu-
            erbehörden in Melsungen und Kassel kümmerte         unser Schulunternehmen als gemeinnützig an-
            das zuerst wenig.                                   erkennt, was seitens des Kultusministers und
                                                                Finanzministers schon längst geschehen ist.
            Erst   nach    mehreren     Eingaben    beim
            “Grundsteuerberufungsausschuss” bei der Re-
            gierung in Kassel und  nochmaliger Inspektion       Indem ich Ihnen für die große Erleichterung, die
            der Schulbehörde durch den Regierungsdi-            uns Ihre freundliche Hilfe verschafft hat, sehr
            rektor Dr. Kuchen konnte Minna Specht den           danke, bin ich Ihre sehr ergebene

            folgenden Brief nach Kassel schreiben:




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