Page 63 - Rudolf Giesselmann - Landerziehungsheim Walkemühle
P. 63
Ein anderer Helfer: “Wir durften natürlich nicht bewaffnet sein,
aber wir waren es. Also, wenn da jemand in
“Ich hatte als Schlosser auf der Walkemühle die der Nacht gekommen wäre, womit wir rech-
Verpflichtung übernommen, mich um die neten, dann hätte es eine schöne Ballerei
gesamte elektrische Anlage zu kümmern, um gegeben. Wir hatten einige Pistolen. Ich war
die Schlosserei zu kümmern und um die Hei- lange dafür verantwortlich, darum weiß ich
zung - die war 1928 verlegt worden, und in das.
jedem Gebäude gab es nun einen Heizkessel,
für dessen Bedienung ein oder zwei Schüler Zur Sicherung hatten wir auch noch eine A-
verantwortlich waren - wo ich als Schlosser die larmanlage mit Stolperdrähten, eine Ruhe-
Oberaufsicht hatte.” (Willi Warnke) stromanlage, die funktionierte einwandfrei.
Auch wenn da jemand die Drähte durchge-
schnitten hätte, hätte es überall geschellt. Wir
Schutz vor Übergriffen der SA rechneten je mit allem, denn die SA fuhr oft
vorbei und schoss dabei in die Luft.” (Willi
Ein Helfer: Warnke)
“Wir hatten unser eigenes Wasserwerk. Da
musste ich nun auch noch dafür sorgen, dass Die Gärtnerei
uns da niemand das Wasser vergiftete. Das
wäre doch eine Kleinigkeit gewesen, aber ich Ein Helfer:
habe sie alle aufs Kreuz gelegt. Ich bin her-
gekommen und habe den alten Mathias “Alles Gemüse wurde prinzipiell selbst ange-
Schwer genommen, den Gärtner, und habe baut, es gehörte ja viel Land zur Walkemühle.
gesagt: ,Mathias guck mal, hier müsste ei- Diese Arbeit leistete Onkel Schwer, ein Gärt-
gentlich Wasser sein, hier neben der Schlosse- nermeister aus Melsungen. Im Sommer waren
rei’, spricht er: ,Wie kommst du denn darauf?’, wir dann manchmal einen halben Tag, je
ich sagte: ,Los, jetzt wird hier geschlagen, hier nachdem, wie es erforderlich war, in seinen
muss Wasser sein.’ Dann haben wir geschlagen, Gemüseplantagen.” (Willi Schaper)
und haben Wasser gehabt, das haben wir
dann untersuchen lassen, es war in Ordnung.
Eigentlich hatten wir ja einen Behälter oben Die Schüler, Erwachsene wie Kinder, beteiligten
am Berge. Wenn der voll war, dann lief das sich je nach ihren Fähigkeiten an den Arbeiten
Wasser über, und so konnte jeder Bürger, der in Haus, Küche, Werkstätten und Garten. Als
ein bisschen helle war, sehen, dass da unser Fachleute waren die Helfer für diese Arbeiten
Behälter war. Die Leitung, die vom Berge kam, verantwortlich, die dann selbst in der so für sie
wurde jetzt aber abgeklemmt und der neue freigewordenen Zeit an einigen Unterrichts-
Brunnen an die Leitung angeschlossen. Die veranstaltungen, am Sport und an den Fahrten
Leute glaubten so immer noch: Die kriegen es teilnehmen konnten. (66)
da oben vom Berge.” (Willi Warnke)
Ein Helfer über die Schneiderei:
Ein anderer Helfer berichtet, dass solche
Maßnahmen nicht unbegründet waren: “Dann gab es noch unsere große Nähstube,
wo fast unsere gesamte Kleidung gemacht
“Wenn die SA an der Walkemühle vorbeifuhr, wurde. Die Schneiderin dort kam aus Berlin,
schossen die manchmal in die Luft, aber her- Käthe Wengler, die konnte man auch mal um
eingetraut haben die sich nicht, die wären Rat fragen, wenn etwas kaputtgegangen war,
auch richtig empfangen worden, denn wir und wenn die dann gute Laune hatte, dann
hatten uns etliche Pistolen angeschafft.” (Willi kam sie her und sprach: ,Komm lass es hier, ich
Schaper) mach’s dir’; und wenn die keine gute Laune
hatte, dann sprach sie : ,Mensch, das kannst du
nicht? Streng dich mal ein bisschen an!’ ” (Willi
Der Helfer, der den neuen Brunnen angelegt Warnke)
hat, berichtet weiter:
63