Page 72 - Rudolf Giesselmann - Landerziehungsheim Walkemühle
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“Bis zum Kaffeetrinken (Ersatzkaffee) um Viertel    Bei mir ist das oft vorgekommen und zwar
            nach drei stand uns die Zeit zur freien Verfü-      insofern, als ich am Anfang jedes Monats die
            gung. Von vier bis sechs wurde dann von den         gesamte Abrechnung auf den Tisch legen
            einzelnen Schülern der Unterricht vom Vor-          musste, und zwar einem  Volkswirtschaftler, der
            mittag nachgearbeitet und Protokolle ge-            da Ahnung von hatte. Das musste stimmen, da
            schrieben. Bis zum Abendessen um sieben             habe ich manche Nacht gesessen und habe
            machten wir dann oft noch etwas Gymnastik,          raufwärts und runterwärts gerechnet.” (Willi
            spielten Völkerball oder sangen unsere Lieder       Warnke)
            zur Klampfe.” (Hedwig Urbann)

                                                                Eine Schülerin:
            Ein Helfer:
                                                                “Ach, wie war das schön, frühmorgens auf
            “Einer war immer beauftragt, alle Zeitungen         unseren Zimmern. Wenn wir Urlaub hatten,
            vom Tag zu lesen. Wir lasen viele Zeitungen,        haben wir manchmal die Nacht durch gelesen,
            zum Beispiel die Frankfurter Zeitung von Son-       und dann graute der Morgen, die Sonne ging
            nemann, die Sonntagszeitung von Schairer, die       auf, und am Waldrand standen die Rehe.”
            Weltbühne, Kasseler Zeitungen und das Mel-          (Emmi Gleinig)
            sunger Tageblatt. Darüber wurde dann wäh-
            rend des Abendbrotes für alle ein Zeitungsbe-
            richt gegeben. Wenn man berichtete, musste
            man aufpassen, denn da saßen Fachleute, die
            zuhörten.

            Zum Abendbrot gab es im Sommer manchmal
            Arbeitseinsatz im Garten: Da wurden ein paar
            Teller Brote zurechtgemacht, mit unserem
            selbstgemachten Fett und Palmin und gutem
            Öl drauf, und  dann hieß es: ,Heute Abend sind
            im Quadrat sowieso die Stachelbeeren soweit,
            da wird gegessen. So hat das funktioniert bei
            uns.” (Willi Warnke)


            Die Abende

            Neben den oben ausführlich beschriebenen
            Kapellenabenden gab es manchmal Besucher,
            die erzählten. Zu bestimmten Themen wurden
            Diskussionen angesetzt, oder es wurden die
            politischen Tagesereignisse besprochen.


            Die  Nacht

            Ein Helfer:

            “Wir hatten in der Walkemühle die Verpflich-
            tung: Jeder musste sechs Stunden zusam-
            menhängend im Bett gew esen sein, und wenn
            er nicht sechs Stunden zusammenhängend im
            Bett gewesen war, dann musste er zu dem
            Vertrauensmann hin, den wir hatten, sich bei
            dem melden und musste sagen: ,Du, ich hatte
            das nicht eingehalten.’



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